05. Mai 2007
Wir verlassen Darjeeling
Nach dem Erwachen hat sich die Bergwelt entschlossen, noch imposanter sichtbar zu sein, als je zuvor. Wir staunen den ganzen Weg runter zum Bahnhof Bauklötze.
Unser Zug ab NJP geht ab 14:30 Uhr, jetzt ist es kurz vor neun. Nach dem Stau bei der Anreise haben wir die im lügenden Reiseführer genannten drei Stunden großzügig auf fünf aufgerundet, um auf der sicheren Seite zu sein.
Am Bahnhof spricht uns direkt jemand an und überzeugt uns, nicht nach NJP, sondern nach Siliguri zu fahren, denn dort führen die meisten Jeeps hin und es sei billiger, von dort weiter nach NJP zu fahren.
Dann führt er uns ein paar Meter vom Bahnhof weg und geht "sein Auto" holen, vermutlich sucht er aber nur einen Jeep, für den er Kommission kassieren kann.
Kein Problem, ein anderer Fahrer kommt ihm zuvor, bietet uns die Fahrt nach Siliguri für 80 Rs. an. Zuerst kneift uns unser Gewissen, doch dann steigen wir ein.
Durch Plätze in Fahrtrichtung und die Gesellschaft eines interessierten Tee-Anpflanzers in einer bio-organischen Plantage in ASsam wird die Reise erträglich. Auch, als das Gespräch unumgänglich auf Hitler fällt, bleibt es angenehm.
In Siliguri organisiert unser Fahrer dankenswerterweise direkt die Weiterfahrt in einem Tuk-Tuk-artigen Minibus für uns. Diese verläuft reibungslos, allerdings scheißt mir eine Taube während der Fahrt von rechts durchs offene Fenster aufs linke Hosenbein. Wie auch immer sie das geschafft hat?!? Auch die mitfahrenden Inder sind erstaunt.
Am Bahnhof von NJP entdeckt Sandra zunächst die ersten großen Spinnen der Reise auf dem Damenklo, dann einen Verschlag, in dem es tatsächlich Internet gibt. Ideal für unsere Wartezeit. Danach teilen wir uns im Verschlag nebenan noch ein Thali, kriegen es aber nicht mal ganz auf.

Google sieht auch NJP von oben
Der Zug steht schließlich schon am Gleis und unser Waggon fast direkt vor uns. Trotzdem bedarf es einiger Nachfragen, um den Zug eindeutig als "Capitol Express" zu identifizieren.
In unserem Sleeper-Abteil, diesmal ohne Aircon, dafür mit Gittern anstatt Glasscheiben, sitzen für die acht Betten zwischenzeitlich Mal fünf, dann fünfzehn Kandidaten bereit.
Einen Höhepunkt markiert ein betrunkener Inder, der neben Sandra und mir platznimmt, sabbert und Schluckauf hat. Die anderen Inder sitzen ihm zu sechst gegenüber und betrachten ihn angewidert bis amüsiert.
Er sitzt falsch, lässt sich aber vom Schaffner nicht vertreiben. Irgendwann steigt er aber aus, und zur Nacht passt die Zahl der Betten auch schon fast auf die Anwärter. Da den höflichen Indern im Leben nicht einfiele, uns ein Bett streitig zu machen, schläft einer von ihnen auf einer Kombination aus Kiste und Klapptisch.
Darüber hinaus will die außerordentliche Hilfsbereitschaft der Inder erwähnt sein: Ein paar Soldaten trugen einen verletzten Kameraden ins Abteil, betteten ihn auf die Liege und hielten ihm Händchen, bis der Zug abfuhr.
Von diesem Moment an übernahmen die anderen Inder im Abteil Verwantwortung: Trugen ihn bei Bedarf zum Klo und nebst Gepäck auf dem Bahnsteig.
Ohne Aircon zu reisen erweist sich dennoch als Qual. Es ist sehr heiß, ich frage mich häufiger, wer mein Kopfkissen in den Backofen getan hat und such vergeblich nach einer trockenen Seite. Morgens um halb vier erreichen wir ...